Am Mittwoch, den 8. Mai 2024, warteten wir IRREGULäR-Redakteurinnen zusammen mit vielen anderen aufgeregten Schülerinnen vor der Aula. In der 5. und 6. Stunde sollte hier die Preisverleihung für den Bartholomäus-Schink-Preis stattfinden. Diesen Preis gibt es schon seit 34 Jahren an der KGS Rastede. Es handelt sich um einen Wettbewerb, bei dem Schüler*innen Arbeiten zu einem vorgegebenen Thema aus dem Bereich Anti-Rassismus einreichen. In diesem Jahr lautete das Thema „Die KGS Rastede – eine Schule ohne Rassismus?“ Es ging darum diesen Titel, den unsere Schule seit 22 Jahren trägt, zu reflektieren: Verdient unsere Schule diesen Titel überhaupt? Was müsste sich verändern, damit sie ihn „wirklich“ verdient?
Alle Schülerinnen, die Wettbewerbsbeiträge eingereicht hatten, waren zur Preisverleihung eingeladen. Wir haben als Arbeitsgemeinschaft mitgemacht, weil es uns wichtig ist, ein Zeichen gegen Rassismus zu setzen. Außerdem wollten wir natürlich über die Veranstaltung berichten und waren neugierig, wie andere Schülerinnen das Thema bearbeitet haben. Als es dann losging kamen auch Frau Berger, der Bürgermeister sowie Vertreter*innen vom Förderverein, der SPD und Bündnis 90 / Die Grünen. Der Förderverein, die SPD und die Grünen finanzieren jedes Jahr die Preise und gehören zur Jury.
Die Schwarz-Weiß-Brille absetzen
Zur Eröffnung sang unser Schulchor das Lied „Blowing in the Wind“ von Bob Dylan. Danach begrüßte Herr Lemke, der die Veranstaltung organisiert hatte, die Anwesenden und sprach über Bartholomäus Schink. Er lebte in der Zeit des Nationalsozialismus. Er kämpfte gegen die Nazis und hat dabei auch selbst Gewalt angewendet. Er raubte, randalierte und hat auch mehrere Nazis umgebracht. Das tat er, um andere zu beschützen und um ihnen zur Flucht zu verhelfen. Deshalb wurde er mit 16 Jahren hingerichtet. Herr Lemke stellte die Frage: War Bartholomäus Schink nun ein Held, weil er im Widerstand gegen die Nazis kämpfte, oder war er ein Krimineller, weil er geraubt und gemordet hat? Mit dieser Frage wollte er uns zum Nachdenken anregen. Er selbst antwortete: “Bartholomäus Schink ist ein perfektes Beispiel, um die Schwarz-Weiß-Brille abzunehmen.“ Dieses Beispiel hat uns gezeigt, dass Menschen nicht entweder komplett gut oder komplett böse sind. In der Zeit des Nationalsozialismus hat sich Bartholomäus Schink entschieden gegen Unterdrückung und Rassismus zu kämpfen und Kämpfen geht nicht, ohne selbst Gewalt anzuwenden.
Schulen tragen eine ganz besondere Verantwortung
Als nächstes sprach Milan Ildiz von der AG „Für den Frieden“ darüber, welche Rolle Rassismus in Schule und Gesellschaft spielt. Er stellte seiner Rede ein Zitat von Angela Davis voran: „Es reicht nicht, nicht rassistisch zu sein wir haben die kollektive Pflicht, uns aktiv gegen Rassismus einzusetzen.“ Milan erinnerte daran, dass die Auszeichnung „Schule ohne Rassismus, Schule mit Courage“ kein Zertifikat ist, sondern eine Selbstverpflichtung: „Es sind nicht nur Einzelne in der Schule – Schülerinnen oder Lehrerinnen – verantwortlich für den aktiven Kampf gegen Rassismus. Wir als Schule haben die Pflicht, dem Titel gerecht zu werden und ein Umfeld frei von Diskriminierungen und und unfairen institutionellen Verhältnissen zu schaffen.“ Milan wies besonders darauf hin, dass Rassismus in den Köpfen beginnt: „Rassismus ist ein Spektrum. Es beginnt beim stereotypischen Denken und endet bei Gewalttaten.“ Schulen und insbesondere Lehrkräfte tragen Milan zufolge dabei eine ganz besondere Verantwortung: „Lehrkräfte müssen nicht nur als Vorbild agieren, sondern auch die Fähigkeit besitzen, rassistisches Verhalten zu erkennen und angemessen darauf zu reagieren. Schulen sind nicht nur Orte des Lernens, sondern auch Mikrokosmen der Gesellschaft, in denen sich die Vielfalt unserer Kulturen, unserer Sprachen und unserer Herkunft widerspiegeln.“
Die Wettbewerbsbeiträge
Nach dieser inspirierenden Rede wurden alle Wettbewerbsbeiträge vorgestellt. Für jeden Beitrag gab es eine Urkunde und einen Buchpreis. Es waren über 20 Wettbewerbsbeiträge von über 100 Schüler*innen. Neben Videos, Zeichnungen, Plakaten, Präsentationen, Umfragen, Texten und Comics gab es auch einen Podcast, ein Gesellschaftsspiel, ein Lied, einen Workshop und ein Gedicht. Dabei wurden auch Probleme an unserer Schule offen angesprochen und persönliche Erfahrungen mit Rassismus geteilt.
Die Preisträger*innen
Dann wurde es noch einmal besonders spannend: Herr Lemke verkündete die Sieger*innen, die auch einen Geldpreis erhielten. Die Jury hatte die besten Arbeiten in vier Kategorien gekürt. Dabei wurden die Plätze wurden nach der Qualität der Arbeiten vergeben. Das heißt, dass nicht die beste Arbeit in einer Kategorie automatisch den 1. Platz belegte, sondern dass es nur dann einen 1. Platz gab, wenn eine Arbeit auch wirklich so gut war, dass sie den 1. Platz verdient hatte.
Kategorie 1 – Jahrgänge 5 bis 7
In Kategorie 1 gab es einen 2. Platz für die Klasse 6E3. Die Klasse hatte Plakate gegen Rassismus gestaltet und ein Video dazu gedreht.
Kategorie 2 – Jahrgänge 8 bis 10
In Kategorie 2 gab es zwei 2. Plätze und drei 3. Plätze. Ein 2. Platz ging an Mathilda und Paulina aus Jahrgang 9 für ihr Video, in dem sie sich damit auseinandersetzen, wie man an unserer Schule gegen Rassismus vorgehen kann. Außerdem belegten auch Nuha, Adriana, Diana und Mette aus Jahrgang 10 einen 2. Platz. Sie hatten einen Workshop zum Thema Rassismus vorbereitet und in einer sechsten Klasse durchgeführt.
Ein 3. Platz ging an Mariana, Anna und Ritadj aus Jahrgang 10, welche die Ergebnisse einer Umfrage an unserer Schule in einer Präsentation aufgearbeitet hatten. Auch Liv, Sarah und Jantje aus Jahrgang 10 erhielten einen 3. Platz für ihr Gesellschaftsspiel gegen Rassismus. Lasse, Joshua und Marlon kamen ebenfalls auf Platz 3 mit einem sehr ausführlichen Text, in dem sie die Ergebnisse einer Umfrage an unserer Schule analysiert und Schlussfolgerungen daraus gezogen hatten.
Kategorie 3 – Jahrgänge 11 bis 13
In der Kategorie 3 wurde der 1. Platz an Sina und Carolin vergeben, die das Lied „Für immer Frühling“ von Soffie neu interpretiert hatten.
Sonderkategorie
In der Sonderkategorie ohne Jahrgangszuordnung belegten wir IRREGULäR-Redakteur*innen mit unseren „Fake News gegen Rassismus“ den 1. Platz.
Rassismus in der Schule thematisieren
Nachdem alle Preise verliehen waren, hielt Frau Berger eine Abschlussrede. Sie sagte, dass es keine schwarz-weiß-Entscheidung sei, ob unsere Schule den Titel „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ verdient hat. Denn es sei nicht so einfach zu überprüfen, wie viel Rassismus in einer Handlung oder einer Aussage stecke: „Es kommt auf den Kontext an, es kommt auf die Absicht an – will man Anderssein betonen, als Merkmal für Abgrenzung und Ausgrenzung nutzen?‘‘ Es werden sicherlich immer wieder rassistische Aussagen und auch Hakenkreuze in unserer Schule auftauchen. Frau Berger betonte, dass es aber darauf ankomme, dies zum Thema in unserem Schulalltag zu machen. So können wir der Selbstverpflichtung gerecht werden, die unsere Schule vor 23 Jahren mit dem Titel „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ eingegangen ist. Ganz zum Schluss trat noch einmal unser Schulchor auf und sang das Lied „From now on“ von Benj Pasek und Justin Paul.